Ich überlege schon eine Weile, mich an einer "offener Tisch" Kampagne im Fantasy-Genre zu versuchen, und da auch auf der letzten AOGV wieder zur Sprache kam, wieder Runden zum spontanen Mitspielen anzubieten, könnte das ein geeignetes Konzept sein, regelmäßige und spontane Spieler gleichermaßen zu bedienen.
Ein "offener Tisch" beschreibt dabei die Kampagnenform, die bei der Erfindung des Rollenspiels und in den ersten Jahren danach vorherrschend war:
- Die Kampagne dreht sich nicht um die Abenteuer einer fixen Runde von Protagonisten, sondern um die Geschehnisse und Abenteuer verschiedener Leute in einer gemeinsamen Spielumgebung zu einer bestimmten Zeit. Dafür finden sich an den Spielabenden SC-Gruppen immer wieder neu zusammen, und machen etwas, was dann auf die geteilte Welt insgesamt Auswirkungen hat.
- Statt einem vorgefertigten Plot nachzulaufen suchen sich die gerade anwesenden Spieler zusammen aus, welchen der in der Welt gerade aktuellen Handlungsfäden, Gerüchte etc. sie an diesem Abend verfolgen wollen.
- Die Spielwelt läuft dabei in "Echtzeit", also zumindest proportional zu unserer guten alten Erde. Wenn hier eine Woche vergeht, vergeht auch in der Spielwelt eine Woche (oder zwei, oder welchen Faktor man auch immer anwendet). Dadurch können Taten vorheriger SCs oder auch von NSCs langsam Wirkung entfalten, aber es bleibt auch trotz wechselnder Spieler eine Welt-Konsistenz gewahrt: Auch wenn z.B. an einem Spielabend eine zweiwöchige Reise, ein Dungeon-Crawl und die ebenso lange Rückreise vollständig abgehandelt würden, wären die beteiligten SCs an folgenden Spielabenden innerhalb der Spielwelt noch unterwegs, weil der Zeitpunkt ihrer Rückkehr noch nicht erreicht ist.
- Zusammen mit Zeiten für Heilung, Gegenstände-Erstellung, Nachforschungen oder Training für Level-Ups bedeutet das, dass Viel-Spieler üblicherweise mehrere SCs nebeneinander führen, weil ein einzelner Haupt-SC ja gerade anderweitig beschäftigt sein könnte.
- Es gibt eine "Zentrale", von der die meisten Abenteuer starten und wo sie nach Möglichkeit auch wieder enden, so dass SCs normalerweise dort verfügbar sind, wenn die Spieler an einem neuen Spielabend in vermutlich neuer Konstellation zusammenkommen und gemeinsam neu ausrücken können. Üblicherweise ist das eine Stadt, die gut genug ausgestattet ist, dass man dort auch aufleven, einkaufen, ausheilen oder magische Gegenstände basteln kann.
Außerdem würde ich das ganze "fraktionsbasiert" machen. Das bedeutet, dass es verschiedene größere NSC-Fraktionen mit unterschiedlichen Zielen und unterschiedlichen Fähigkeiten gibt, die im Spielgebiet operieren und oft auch konkurrieren. Die bieten SC-Gruppen nicht nur Quests und Belohnungen an, sondern können "treuen freien Mitarbeitern" auch verschiedene fraktionsspezifische Vorteile bieten (z.B. hochwertige Waffen und Rüstungen durch eine Kriegerfraktion, neue Zaubersprüche und Laborzugang durch eine Magierakademie oder Aufklärung und illegale Waren von einer Verbrecherorganisation).
Je mehr man sich an eine Fraktion bindet, desto größer deren Zuwendungen, aber natürlich verscherzt man es sich mit der Konkurrenz. Ganz ohne Unterstützung der Fraktionen kann man natürlich auch agieren, allerdings ist das natürlich ein gutes Stück gefährlicher, und man muss seine "Aufträge" für die Spielabende auf eigene Faust entwickeln, etwa Gerüchten nachgehen (was lukrativ sein kann oder auch nicht) etc.
Bevor ich mich mehr zu Szenario und System äußere (es wird wohl jedenfalls Fantasy mit verschiedenen Rassen und recht verbreiteter Magie, und D&D-Kenner sollten sich in den System-Grundlagen schnell zurecht finden), würde mich interessieren, ob es überhaupt generell Interesse an sowas gäbe, und ob Leute sich vorstellen könnten, da gelegentlich mitzuspielen, auch wenn man aufgrund der Kampagnenstruktur kein Recht darauf hat, dass der eigene SC an allen wichtigen Ereignissen teilnehmen kann, man den immer spielen kann wenn man gerade Lust hat und generell die Spielwelt auf einen wartet und sich um einen dreht.
Es fordert natürlich auch etwas mehr Flexibilität, sich einmal mit anderen SCs zusammenzuraufen (oder bei völlig inkompatiblen Zielen vielleicht auf einen neuen oder anderen Charakter zu wechseln), und selbstständig interessanten Handlungsfäden oder Gerüchten zu folgen (oder sich zumindest um Fraktions-Aufträge zu bemühen). "Plot-Armor" für Spielercharaktere gibt es natürlich auch nicht, auch wenn die Runde kein SC-Fleischwolf werden soll.