Zum Anlass einer Jubiläumsrunde habe ich mich mit Plot Points auseinandergesetzt und dachte mir, ich teile meine Erkenntnisse mit euch, da man online relativ wenig dazu finden kann.
Was sind Plot Points?
Quote from D&D 5E Dungeon Master´ s Guide S. 269
Plot Points allow players to change the course of the campaign, introduce plot complications, alter the world, and even assume the role of the DM
Plot Points bieten einen spielmechanischen Rahmen den Spieler*innen etwas mehr Kontrolle über die Welt, in der ihre Charaktere sich bewegen, zu geben. Ich habe mich vor allem nach dem D&D Vorbild von Plot Points gerichtet, es gibt aber auch andere Systeme, die ähnliche Mechaniken verwenden (etwa die Destiny Points in Star Wars RPG) und ich sehe keinen Grund, warum man diese nicht auch für andere Systeme übernehmen könnte.
Regeln für den Einsatz von Plot Points:
- Bevor eine Person einen Plot Point einsetzen möche, sollte sie sich eine Minute Zeit nehmen, um ihre Idee mit dem Rest der Gruppe zu besprechen und abzuklären.
- Der DM hat immer das Recht, einen Einsatz eines Plot Points zu unterbinden, wenn die gewünschte Veränderung die Grenzen des DMs überschreitet. Beispielsweise kann der DM ein Veto einlegen, wenn eine Spielerin einen Plot Point einsetzen möchte, um zu sagen, dass der König ihrem Low Level Charakter das ganze Königreich vermacht.
- Plot Points sind dazu da, um den Spaß am Tisch zu erhöhen und dürfen deswegen nicht eingesetzt werden, um sich über einzelne Charaktere oder Spieler*innen lustig zu machen. Auch Komplikationen müssen so gestaltet werden, dass sie nicht auf Kosten einer Person gehen.
- Alles, was durch Plot Points umgesetzt wurde ist von allen Personen m Tisch im Hinblick auf die Geschichte als wahr anzunehmen.
Meine Variation an Plot Points:
In meiner Auffassung sind Plot Points Ressourcen, die die Spieler*innen ausgeben können, um jene Teile der Handlung beeinflussen zu können, die nicht im Einflussbereich ihrer Charaktere liegen. Um meine Spieler*innen nicht mit so einer schwammigen Formulierung zu überfordern und in ihrer Kreativität eizuschränken, habe ich eine Liste an möglichen Handlungen erstellt, die alle mit Plot Points erwirkt werden können. Diese Liste ist beispielgebend und nicht vorschreibend. Plot Points, die außerhalb dieser Liste eingesetzt werden sind ebenso möglich.
Meine Beispiele für den Einsatz von Plot Points:
- I long for an item:
Der*die Spieler*in darf sich ein magisches item "herbeiwünschen". Sie bestimmen nicht das Item, sondern würfeln sich zwei zufällige items aus und dürfen sich dann eines davon auswählen. Um das item zu erhalten muss der*die Spieler*in dann begründen, wo und warum er*sie es findet. Wenn die zufälligen items beide nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen, darf ein weiterer Plot Point ausgegeben werden, um ein drittes item auszuwürfeln und die Person muss sich dann eines von den dreien aussuchen.
- What a twist:
Etwas an der Situation verändert sich. Die Wachen, die den Eingang zur Schatzkammer bewachen werden plötzlich durch einen anderen Eindringling weggelockt, die Abenteurer finden einen Geheimgang, der direkt zum Bossraum führt oder der Händler, den ihr gerade getroffen habt, stellt sich als der Vater eines der Charaktere heraus. Da man mit What a Twist für die Gruppe sehr positive Auswirkungen für die Gruppe erzeugen kann, entscheidet die Person links von dem, der den Twist eingesetzt hat, welche Komplikation mit dem Twist eintritt. Eine Komplikation wäre, dass der gefundene Geheimgang eine schleichende Annäherung an den Boss verhindert.
- I know a guy:
Der*die Spieler*in entwirft einen Nichtspielercharakter, der mit dem eigenen Charakter irgendwie schonmal zu tun hatte (und so in die Backstory eingebaut werden muss) und dem Charakter noch einen Gefallen schuldet. Das kann eine Bibliothekarin sein, die eine wichtige Frage beantworten kann, oder ein Soldat, der sie im nächsten Kampf unterstützt.
- While you were sleeping:
Während die Charaktere eine Rast eingelegt haben, hat sich etwas an der Umgebung geändert. Das ist eine etwas erweitere Form von What a Twist, da sie keine Komplikation mit sich zieht, dafür aber von den Rahmenbedingungen etwas eingeschränkter ist.
- Power of the Protagonist:
Wie ein Anime-Hauptcharakter erhält der*die betreffender Spieler*in für den Rest der Szene (also ein Kampf, ein Gespräch mit einem NPC oder ein Teil eines Dungeons) eine vorübergehende Erweiterung seiner Fähigkeiten (etwas eine Verdoppelung seiner Attributswerte)
- I´ m the DM now:
Die betreffende Person darf sich bis zum Ende der Szene selbst zum DM küren und die Szene leiten.
Plot Points erhalten und ausgeben:
Jede der oben gennanten Handlungen kann für einen Plot Point durchgeführt werden. Da I´ m the DM now wesentlich mehr Einfluss auf die Geschichte hat, kostet dieses 2 Plot Points.
Ich hatte meine Plot Point Regeln damals für nur eine Runde ausgelegt und habe meinen Spieler*innen jeweils 3 Punkte (in Form von kleinen Tokens) gegeben, die sie an diesem Abend auch wieder ausgeben sollten. Fast jedem sind am Ende noch Punkte übrig geblieben, da 15 Plot Points insgesamt wohl einfach zu viel waren. Wenn ich Plot Points weiter in meinen Runden einsetzen wollen würde, würde ich die Anzahl der Punkte, die man erhält, vermutlich auf 1 pro Person, pro Runde reduzieren, oder sie überhaupt nur als Belohnung bei spezifischen Gelegenheiten vergeben (etwa wenn sie ein großes Kapitel der Kampagne abgeschlossen haben). Man sollte sich bei der Vergabe der Plot Points auf jeden Fall immer vor Augen rufen, dass es während einer Runde nicht immer Gelegenheiten geben wird, in denen die Spieler*innen gerade passend ihre Plot Points einsetzen können und wenige, besonders gute Plot Points viel besser sind, als wenn sich alle ein Item holen wollen und man dann eine halbe Stunde lang verschiedene Tabellen auswürfelt.
Meine Erfahrungen mit Plot Points:
Ich hatte bei meinen Probeläufen das Gefühl, dass meine Spieler*innen äußerst gerne mit den Plot Points gearbeitet haben. In beiden Runden gab es coole Momente, die durch den Einsatz eines Plot Points entstanden sind und die für Lacher am Tisch gesorgt haben. Was man aber auf jeden Fall betonen sollte, ist dass Plot Points dazu gedacht sind, dass sie proaktiv eingesetzt werden und nicht reaktiv. Im ersten Testlauf wurden die Plot Points wie eine "Komme aus dem Gefängnis Frei" Karte benutzt, um Konsequenzen von schlechten Würfen zu umgehen. Das führte dazu, dass die Spieler*innen ihre Plot Points eher gehortet haben, um sie im Ernstfall einsetzen zu können, statt sie kreativ für coole Ideen zu nutzen. Ich denke, das kann man umgehen, indem man seine Spieler*innen richtig erzieht und den Einsatz von Plot Points als Rettungsanker nicht erlaubt.
Fazit:
Mir hat es großen Spaß gemacht, mit Plot Points zu arbeiten und mit den Wünschen und Vorstellungen meiner Spieler*innen improvisieren zu müssen, ich kann es aber auch sehr gut verstehen, dass manche Spielleiter*innen sich durch diese Mechanik nicht ihre Welt oder ihre vorgesehene Handlung zerstören lassen wollen. Schließlich steckt man als DM viel Energie in Vorbereitungen und da kann es schon blöd sein, wenn der drohende Orc-Konflikt sich plötzlich auflöst, weil die Orcs auf eine andere feindliche Partei gestoßen sind und sich die nun gegenseitig bekämpfen. Da es aber so oder so im Ermessen des*r Spielleiter*in ist, ob ein Plot Point so oder so eingesetzt werden darf oder nicht, kann man gegen dieses Problem auch gut vorgehen.
Auf jeden Fall sind Plot Points für mich ein sehr gutes Kommunikationstool. Sie zeigen dem DM, was die Spieler*innen sich wünschen und wie sie die Story gerne spielen würden.
Wie steht ihr denn so dazu? Habt ihr Plot Points bei euch am Tisch schonmal eingesetzt oder als Spieler*in mitbekommen?
Wie würdet ihr meine Regeln anpassen, damit sie mehr euren Vorstellungen entsprechen?
Und wie steht ihr allgemein zu dem Konzept von Plot Points? Coole Methode um mehr Partizipation zu erlangen, oder eher störende Idee, die das Konzept der Story durcheinanderbringt?