Beiträge von Smirg

    Einerseits gibts Spieler_innen, die eher eine konsumierende Beziehung mit dem Spiel haben - da macht natürlich das Verteilen von Kontrolle über die Geschichte nur wenig Sinn. Ich denke aber, dass solche Spieler_innen auch eher dazu tendieren keine Aufmerksamkeit in die diveresen anderen Aspekte von Balance zu legen.


    Einige solche Spieler, die ich erlebt habe, wollen gar keine Balance. Für die wäre Balance im fodazdschen Sinne sogar negativ, zumindest wenn die Balance nicht nur zwischen SCs sondern auch zwischen SCs und dem Rest der Welt besteht (in dem Sinne von: die SCs fahren nicht einfach über alles drüber*) weil die oft dazu führt, dass man bei Charakterbuilds und beim Spielen mitdenken muss, wenn man nicht eine auf den Deckel bekommen will (bzw. in Folge die ganze Gruppe). Und das wäre diesen Spielern oft zu anstrengend und damit dem Spielspaß im Weg.

    Man kann als SL die Gegner natürlich nur auf den Rest der Gruppe balancieren und den "einfach nur dabei sein und chillig abhängen" Spieler quasi ignorieren. Das geht dann streng genommen oft an der intendierten Balance des Systems vorbei, aber gut, irgendwas hausregeln muss man in den meisten Runden, damit es für die eigene Gruppe wirklich passt...


    Wobei, bis zu einem gewissen Grad überschneidet sich der Casual Gamer hier sogar mit dem Power Gamer. Wenn ein System so gut designed ist, dass er keine Exploits finden und alles dominieren kann, wird mancher Power Gamer wohl auch nicht wirklich glücklich werden...


    * Wobei das oft vom System gewollt ist, weil sehr viele Spieler daran Spaß haben, über alles drüberzufahren, was der SL aufbieten kann. Insgesamt denke ich sogar, dass solche Systeme beliebter sind als die, die den Spielern eine ordentliche Herausforderung bieten wollen.


    Hmm - das kommt natürlich auf das System an. DnD 5e versucht sowas ja beispielsweise mit dem Challenge Rating (wenn es als echte Hard Rule gehandhabt werden würde), indem die Mechanische Kapazität des SL* beschränkt wird und dadurch im Gegenschluss die Agency die Spieler_innen haben eingelotet wird.


    Die D&D-Tradition, den SL zu beschränken, geht auf AD&D zurück, das genau dafür geschrieben wurde (und quasi einen Gegenpol zum improvisationslastigen OD&D/BD&D gebildet hat). Nämlich, damit sich das selbe Abenteuer unter unterschiedlichen Spielleitern trotzdem möglichst gleich spielt. Was zur Vergleichbarkeit von Convention-Runden im Sinne von "wer überlebt am längsten und findet das meiste Gold"-Wettbewerben gedacht war.

    Da hatten dementsprechend das Abenteuer-Modul und die Regeln Präzedenz gegenüber SL-Entscheidungen.

    D&D4 war da eigentlich am extremsten mit CR-Baukästen (wie generell mit strikten Mechaniken), allerdings hat das Encounter-Zusammenkaufen-nach-CRs auch mit Abstand am besten funktioniert, so dass da praktisch immer fordernde aber noch schaffbare Kämpfe rauskommen. Was andererseits mit dazu beigetragen hat, dass es ein gutes Dungeon-Crawler-Brettspiel aber ein schlechtes Rollenspiel ist (spürbar geführtes und immer ziemlich gleiches Pacing, weniger "organisches" Abenteuer-Gefühl).


    Ganz am anderen Ende des Spektrums gibt es dann narrative Systeme, die die mechanische Kapazität des Spielleiters aus einer anderen Richtung beschränken, weil die Spieler ihn überstimmen oder ihm die narrative Kontrolle mechanisch (meist durch Einsatz irgendwelcher Punkte/Tokens) abnehmen können.


    Während das erste einer Balance im rein mathematisch-regelmechanischen Sinne zuträglich ist, ist letzteres natürlich das Gegenteil, und verschiebt Balance weg von relativ planbaren Standardsituationen wie Kämpfen hin zu einer rein gruppenspezifischen Geschichte, wo jeder darauf achten muss bzw. eine Art Standoff zwischen SL und den verschiedenen Spielern provoziert wird, wo sie sich gegenseitig in Schach halten sollen/müssen (positiv formuliert: Solche Systeme wollen, dass alle zugunsten einer interessanten Geschichte gemeinsam am selben Strang ziehen), damit das Spiel noch funktioniert wie geplant.


    Prinzipiell sehe ich funktionierende, auf Herausforderung balancierte Mechaniken und Rollenspielspaß im Sinne der (von mir wahrgenommenen) Mehrheit der Spieler sogar als Gegensätze, eben genau weil strikte Mechaniken für möglichst viele Situationen die Möglichkeiten der Spieler (und auch des SLs) einschränken. Oft kommt es da primär darauf an, die gruppenspezifische "goldene Mitte" zu finden, was wohl wichtiger ist als die Qualität (fodazdsche Balance etc.) der Regeln selbst.

    Wenn man in einer sehr Kampf-lastigen Runde alle seine Punkte in Kunst, Philosophie und Kochen steckt, ...


    Das würde ich eher als Vorbereitungs- als als Systembalancefehler sehen. Auch wenn nicht das falsche System für den intendierten Einsatz gewählt wurde, weil genug Möglichkeiten für valide kampflastige Builds zur Verfügung stehen, wurde der Charakter offenbar nicht passend für die geplante Runde gebaut. Ob jetzt der SL seine Intention nicht klar gemacht hat oder der Spieler partout auf stur geschalten und der SL den Charakter dann zugelassen hat, obwohl er nicht passend ist, ist da nebensächlich.

    Wenn ich ein Kampfabenteuer leite in einem System, das nicht notwendigerweise für den Kampf nützliche Fähigkeiten bei allen Charakteren erzwingt, würde ich wohl in der Vorbereitung sowas sagen wie: "Alle Charakter müssen im Kampf zumindest so effektiv sein wie ein durchschnittlicher, ausgebildeter Berufsssoldat. Der hätte die Werte [Systemwerte einfügen]. Charaktere dürfen auf diese Mindestwerte nur verzichten, wenn sie andere Fähigkeiten haben, mit denen sie in den meisten Kämpfen zumindest so effektiv sind wie ein Berufssoldat. [Kampfzauber, starke Guppen-Buffs, je nach System halt]". Und dann halt die Charaktervorschläge entsprechend kontrollieren.


    Ja, das überträgt Verantwortung vom Systemdesigner auf den jeweiligen Spielleiter, und man kann sagen, dass das für balancierte Regeln nicht passieren darf. Daher hab ich in meiner Balance-Definition ja den intendierten Einsatz des Systems drinnen. Wenn das System spezifisch für interessante Kampfabenteuer entwickelt wurde, und dann kampfunfähige SC-Builds möglich sind, kann man das als Designfehler bezeichnen. Wenn der SL das System aber abseits des intendierten (und hoffentlich explizit gemachten) Zwecks einsetzen will, dann wäre meiner Meinung nach er dafür verantwortlich, entsprechende Richtlinien zu setzen (wie oben).

    So gesehen wäre meine aktuelle System-Bastelei, Clichés & Critters, übrigens schlecht designed, weil es möglich ist, Charaktere zu bauen, die auf einem Abenteuer nichts taugen. Das nehme ich als Designer aber bewußt und gerne in Kauf, weil ich in diesem System SCs und NSCs nach den gleichen Regeln baue, und nicht jeder NSC in einer zum System passenden Welt kampfstark sein muss. Ich denke aber, es kann Spielern und Spielleitern zugemutet werden, Charaktere nicht so zu bauen, dass sie offensichtlich nicht als Abenteurer geeignet sind (da explizit gemacht wird, dass das die intendierten SCs in diesem System sind).


    Es gibt noch einen weiteren Punkt, der für meine Definition relevant ist...


    Stimmt, die Abwesenheit völlig dominanter Strategien ist natürlich auch ein wesentlicher Punkt für die Balance.

    Dominanz einzelner Builds wird ja auch bei meiner Definition effektiv ausgeschlossen (weil dann die anderen SCs massiv weniger beitragen und glänzen können als der mit dem dominanten Build), aber eine dominante Strategie entstehend aus einer Gruppen-Synergie müsste man bei mir noch extra ausschließen. Bei fodazds Definition wäre die meiner Meinung nach sowieso mit ausgeschlossen.

    Vermutlich könnte man da auch auf Sid Meiers bekannte Definition "Ein Spiel ist eine Folge interessanter Entscheidungen" zurückgreifen (die auch nicht alles abdeckt, aber hier definitiv dienlich ist): Wenn es keine interessanten Entscheidungen mehr ermöglicht, sobald eine ausreichend dominante Strategie gefunden wurde, erlaubt das Regelsystem kein interessantes Spiel mehr, und erfüllt damit seinen Zweck nicht mehr.

    Bis dahin könnte ein System trotzdem gut balanciert gewesen sein, meiner Meinung nach, es hat eben nur einen breaking point, den man, wenn man ihn findet, entweder irgendwie ausbügeln, freiwillig ignorieren oder einfach verbieten muss, oder eben akzeptieren, dass das System seine Schuldigkeit getan hat und ein neues her muss.


    Gerade im Rollenspiel, besonders in Welten stärker abseits unserer eigenen, wird ein guter SL aber oft einen Weg finden, dass eine dominante Strategie eben nicht immer funktioniert. Das macht natürlich das System nicht besser, erlaubt aber zumindest eine weitere Nutzung, ohne den Schwachpunkt gleich zu verbieten. Es spricht z.B. nichts dagegen, Hindernisse, die sich mit der dominanten Strategie wie üblich lösen lassen, bei der Ankündigung der Spieler, eben diese zu nutzen, einfach mit "Ok, ihr könnt dieses Hindernis problemlos beseitigen, auf zum nächsten." abzuhandeln und zu einem anderen zu kommen, das sich nicht so lösen lässt. Selbst, wenn 2 von 3 Hindernissen auf dem Weg auf diese Weise irrelevant werden, dürfen sich die Spieler eben über ihre clevere Strategie freuen und bekommen dann beim dritten dafür ordentlich eingeschenkt, wo sie eben aus verschiedenen Gründen nicht anwendbar ist.


    Hier kann man natürlich streiten, ob es im Rollenspiel die Zuständigkeit eines Systemdesigners ist (oder überhaupt möglich ist, wenn ansonsten interessante Entscheidungsmöglichkeiten geboten werden sollen), sämtliche Exploits von vornherein zu finden und auszuschließen.

    Ich würde hier sagen: Nein, ist es nicht, solange die Lücken nicht einfach zu finden sind. Es gibt ja auch abseits vom P&P-Rollenspiel genug Spiele, die an sich sehr gut sind, aber durch einzelne Exploits komplett gebrochen werden können, die aber trotzdem noch gespielt werden und einen guten Ruf haben. Es ist dann eben den Spielern überlassen, einmal einen Exploit anzuwenden und sich stark vorzukommen, und es ein andermal nicht zu tun, weil man mehr Herausforderung sucht. Solange man damit niemand anderem den Spielspass nimmt (also nicht z.B. in kompetitiven Spielen, wo nur einer Seite die klar dominante Strategie zur Verfügung steht), sehe ich das nicht als großes Problem an.

    Magie kann verpönt sein weil sich alle Nicht-Magier benachteiligt fühlen, gerade wenn Magie sehr selten ist.


    Gerade das macht Magie für Spieler meiner Ansicht nach oft noch interessanter, weil je seltener Magier sind, desto weniger können sich andere gegen die eigene Magie wehren (für MinMaxer), desto mehr ist man was Besonderes (für Special Snowflake Fans), und noch dazu darf man sich als zu Unrecht (?) verfolgter Underdog fühlen (was auch für viele Spieler reizvoll ist, "Rebel-Mindset" z.B.)


    Magie kann Einfluss auf den Körper haben wie zum Beispiel bei den Allomancern aus der Mistborn Reihe wo der Körper vergiftet wird und eine Ruhepause benötigt. Also sowohl quasi "Mana-Kosten" hat als auch eine entsprechende Ruhepause braucht.


    Also ich habe mir die erste Trilogie in den letzten Monaten als Hörbücher neben Indoor-Sport gegeben, bin grad beim Finale des dritten Teils und finde eigentlich, dass in der Welt Allomacer einfach allgemein als was besseres empfunden werden als normale Leute (waren ja unterm Lord Ruler auch gesellschaftlich die Elite), auch einfach besser sind als andere, und Mistborn dann sowieso. Der Vergiftungsfaktor kommt in den Büchern bisher eigentlich fast gar nicht zum tragen, bis darauf, dass die meisten halt ihre Metalle am Abend wegbrennen und morgens nachfüllen. Was aber fast nie storyrelevant wurde. Spook geht noch in Teil 3 drauf ein, weil er sich ein bischen als Märtyrer fühlt, weil er seine Metalle auch über Nacht behält, trotz der langfristigen Vergiftungsgefahr, um allzeit bereit zu sein.

    Und grade die Mistborn bzw. alle Pewter-Burner brauchen eigentlich fast überhaupt keine Ruhepausen mehr, viel weniger als normale Leute.

    Eigentlich wird nur bei dein Inquisitoren erwähnt, dass sie ziemlich viele und lange Ruhepausen brauchen, und Feruchemists müssen natürlich ihre Attribute erst speichern, indem sie sich eine Weile schwächer, kurzsichtiger etc. machen, die können das aber zumindest so timen, dass es ihnen nicht groß bei was reinpfuscht, bzw. ihre Schwäche auch sofort abbrechen wenn nötig.


    Magier können einfach ein Credo haben Magie nicht sträflich einzusetzen, weil in der Vergangenheit etwas passiert ist das sie nicht verhindern wollen und der Spieler muss sich quasi erst überwinden davon gebrauch zu machen.


    So lange nicht spielmechanisch wirklich was passieren kann beim Magieeinsatz (wie "Dark and Dangerous Magic rolls" bei Low Fantasy Gaming oder das Äquivalent mit erzeugten bleibenden mechanischen Nachteilen bei Beyond the Black Sea), hat das meiner Erfahrung nach eher wenig Einfluss auf die meisten Spieler. Für wohl genau so viele Spieler, die es vielleicht abschreckt, hat es für andere zusätzlichen Reiz.

    Was eingeschränkt auch für spielmechanische "Dark and Dangerous Magic" gilt: Da bekommt man wohl wirklich weniger Magierspieler (viele mögen halt keine permanenten Nachteile dafür, dass sie ihre Primärfähigkeiten einsetzten), teilweise aber wohl auch nur andere Magierspieler.


    Schlussendlich kann es auch so sein, das Zauber hin und wieder schiefgehen. Wenn du die Beschränkung vor allem Mechanisch abbilden willst, wäre da der Wild Magic Sorcerer aus 5th Edition eine gute Inspiration.


    Zauber haben in seinem System glaube ich ohnehin immer einen Erfolgswurf, was zusammen mit der Spruchdauer schon ein Risiko gerade im Kampf ist. Dass sie nach hinten losgehen ist aber bei ihm sehr unwahrscheinlich, weil Patzer generell selten sind.

    Wild Magic, wenn es nicht optional sondern die einzige Magieoption ist, ist halt insofern heikel, als es für viele Spieler frustrierend sein kann. Weil sie spielen halt gerne Magier, und fühlen sich vom SL bestraft, wenn sie dann regelmäßig sich selber oder der Gruppe schaden statt zu helfen, und sie können halt "ihr Ding" oft nicht machen.

    Wild Magic gerade beim D&D5 Sorcerer ist auch insofern keine wirkliche Einschränkung, weil die Tabelle mehr positive als negative Effekte enthält. Und viele negative Effekte haben auch einen Umkreiseffekt, können also auch Gegner treffen. Was kurioserweise dazu führt, dass der Wild Magic Sorcerer in D&D eigentlich nur dann effektiv ist (im Vergleich zum Dragon Sorcerer oder anderen Magiern, ich kenne nur die PHB-Subklassen), wenn einem der SL erlaubt, bei quasi jedem Zauber einen Wild Magic Effect roll zu machen (RAW sind sie eigentlich ziemlich selten) und man gleichzeitig mit seinem Wild Magic Sorcerer immer mitten in die Gegner reinstürmt. Dadurch kann man einige negative Effekte umdrehen ("Fireball on self" etc. trifft dann primär Feidne statt verwundbare Partymitglieder hinter der eigenen Front) und man kriegt verlässlich und oft seine Tides of Caos zurück. Ob das von den Designern so gewollt war, ist eine andere Frage...

    Gibts eigentlich irgendwas, was man tun kann damit Magie für Spieler weniger interessant wird? Ich bezweifle das ernsthaft.


    Es ist halt für viele Spieler ein wesentlicher Spaßfaktor beim Rollenspiel, Dinge zu können, die man normalerweise nicht kann. Und da ist Magie nun mal eine Muster-Möglichkeit, das für seinen Charakter zu verwirklichen. Dazu kommt, dass man mit Magie oft kreative Lösungsmöglichkeiten hat, die man auf anderem Wege nicht hätte, vor allem in Fantasy (bei SciFi wird das oft durch Super-Technologie substituiert oder es ist zumindest eine Alternative).


    Weil jemandem auf den Schädel hauen oder versuchen, ihm was aus der Tasche zu ziehen, kann grundsätzlich einmal jeder versuchen. Das ist nichts besonderes. Sicher, allein eine kleine Armee vermöbeln oder dem König vor versammeltem Hofstaat unbemerkt die Krone vom Kopf klauen kann nicht jeder, aber das ist nur Extrapolation von bekanntem, nichts wirklich "andersartiges". Die Armee auf dem Flugzauber heraus mit Feuerbällen sprengen oder den Diebstahl durch eine clevere Kombination aus Illusions- und Telekinese-Zaubern durchzuführen hat da für viele einfach mehr Reiz.


    Ich glaube, ich bin als Spieler eher eine Ausnahme, weil ich es eher reizvoll finde, aus "normaleren" (wenn auch auf ihrem Gebiet kompetenten) Charakteren durch cleveres Vorgehen im Spiel (und eventuell auch beim Charakterbau) etwas herauszuholen, als den "billigeren" Weg zu gehen, meine Zauber alle Probleme für mich lösen zu lassen. Wobei ich, glaube ich, auch als Magier-Spieler den Ruf einer extremen Trickkiste habe (klassische "Artillerie-Zauber" wird man bei meinen Charakteren nur sehr selten und als Notlösungen finden).

    Meine Hauptfrage ist zur Zeit vor allem ob die Talente halbwegs balanciert sind und ob alle auch irgendwie einen Mehrwert generieren und/oder ob die EP-Kosten berechtigt sind, also ob sie eh nicht zu niedrig oder zu hoch sind.
    ich nehme aber an das man darauf wohl erst richtig antworten kann wenn man schon viel gespielt hat.


    Ja, da lässt sich nur bedingt "theory-craften", vor allem eben, wenn es darum geht: "wie oft brauch ich was"?

    Ich hab mir z.B. Alkoholtoleranz genommen, weils einfach zum Charakter passt. Bisher hab ichs nicht gebraucht, vermutlich werd ich es nie brauchen, aber es ist so billig, dass es im großen und ganzen schon wieder wurscht ist. :)

    Wobei ich dazu sagen muss, ich hab es mir, obwohl es eigentlich von Anfang an zum Charakter gehört hätte, erst nach der ersten Session gekauft, weil ich mein Anfangsbudget dann lieber dafür verwendet habe, in der intendierten Rolle (Frontschwein) der Gruppe auch möglichst nützlich zu sein.


    Dass die harten Limits nur beim Charakterbau gelten, sehe ich (bis jetzt) nicht als allzu großes Problem, weil es danach durch die steigenden Kosten noch Soft-Caps gibt, und weil eine gewisse Spezialisierung der Charaktere auf bestimmte Rollen in der Gruppe, soweit ich das beurteilen kann, ja im Design erwünscht ist.

    Aber diese Form der Balance kann kaum oder gar nicht ein System leisten. Diese Form der Balance muss eigentlich der SL gewährleisten. Und das ist leider nicht immer so leicht machbar ohne das es eventuell so wirkt als ob der SL diese Situation nur herbeigeführt hat damit ein gewisser Charakter auch mal glänzen kann.

    Ich persönlich muss gestehen das ich, was das betrifft wohl nicht der beste SL bin. Außerdem widerstrebt es mir eine Szene nur deshalb einzubauen damit ein einzelner Spiele seine Freude hat wenn diese Szene deplatziert für mich wirkt.

    Bis zu einem gewissen Grad kann das schon das System.

    Besonders natürlich dann, wenn ein System vorgefertigte Abenteuer bietet, die auch von vielen SLs angenommen werden.

    Aber auch einfach dadurch, indem man explizit macht, für was für einen Spielstil ein System gedacht ist und für was für einen nicht.


    Das erwähnte D&D4 ist z.B. extrem stark auf einen ganz bestimmten Spielstil gemünzt, in dem es dann auch wikrlich sehr gut und balanciert funktioniert, nur in anderen Spielstilen kackt es dann ziemlich ab (und der Spielstil ist auch für die meisten Rollenspieler nicht besonders interessant; als langsame Einführung für Neulinge, die viel Computer-RPGs oder Brettspiele gespielt haben, passt es wohl ganz gut)


    Das Manko ist eher, dass viele System nicht angeben, wofür sie geeignet sind, oder oft sogar behaupten, dass sie für jeden oder zumindest fast jeden Spielstil geeignet sind, was meistens nicht stimmt.

    Bei D&D und DSA ist das meiner Meinung nach z.B. sehr stark spürbar. Einerseits, weil sie für viele Leute in ihren jeweiligen Kulturkreisen halt der Inbegriff des Rollenspiels sind, zu dem gegriffen wird, ohne sich weiter Gedanken zu machen. andererseits, weil die einzelnen Editionen teilweise auf merklich unterschiedliche Spielstile ausgelegt sind, was, denke ich, viel zu den extremen "Edition Wars" beiträgt.

    Beispiel D&D:

    • OD&D und BD&D: Extrem improvisationsorientiert mit minimalen Regeln, sehr tödlich, wenig heldenhaft
    • AD&D 1&2: Ursprünglich gezielt für Convention Play designed: Regeln für alles, damit Fairness und Vergleichbarkeit auf Conventions gewährleistet ist, wenn mehrere Gruppen schauen, wie weit sie jeweils im gleichen Abenteuer kommen; Balance zwischen Klassen etc. vor allem mit Hinblick auf damals typische Convention-Abenteuer
    • D&D 3.x: Auf maximale Anzahl an Charakterbauoptionen ausgelegt, extremes Min-Maxing mit eingebaut; sehr vielseitig aber extrem unbalanciert, vor allem mit dem (finanziell gewollten) Wildwuchs an Ergänzungsbänden; geradezu lächerlich heldenhaft bei höheren Levels oder einfach nur sehr gutem minmaxing
    • D&D 4: Dungeon-Crawler-Brettspiel mit ein bisschen Rollenspiel zum drüberstreuen; Spieler-Gewinn ist mechanisch extrem wahrscheinlich
    • D&D 5: Irgendwie ein "Durchschnitt" vorheriger Editionen; tatsächlich für die meisten Leute halbwegs passend, aber auch selten so "passend wie die Faust aufs Aug"; sehr heldenhaft, Spielergewinn ist mechanisch sehr wahrscheinlich

    Ich hab zwar nur die ersten Versionen gelesen (und damals ausführlich Feedback gegeben), aber als Testspieler kann ich sagen: Ich habe den Eindruck, dass Start-Charaktere deutlich kompetenter sind als typischerweise in DSA, zumindest in ihren Spezialisierungen.

    Also wenn man in DSA4 richtig minmaxed und alles aus dem System rausholt, ist man wohl mächtiger, aber das leigt daran, dass DSA4 beim Charakterbau absolut unbalanciert ist (und auch nicht balanciert sein will, denke ich). Dafür muss man aber das System recht gut kennen. Bei Kyo kann eher jeder einen Charakter bauen, der in seinem Kernfeld kompetent ist (z.B. als Kämpfer verlässlich gegen 2 "Standardfeinde" wie Banditen besteht), ohne das System sehr gut zu kennen (auch bei Vorteilen ist es recht offensichtlich, was sie tun, und die stärkeren kann man bei Spielbeginn eh noch nicht kriegen), aber die Minmax-Möglichkeiten darüber hinaus sind auch begrenzt (eben durch Maximalwerte, begrenztes Vorteilsbudget und unterschiedliche Vorteils-Prerequisites).

    -> Was ist Balance überhaupt?

    Ich würde Balance in Rollenspielregeln so sehen, dass jeder mögliche Charakterbuild über den Gesamtverlauf einer typischen Kampagne, für die das Speilsystem ausgelegt wurde (oder eines Spielabends, wenn das System auf one-shots abzielt), ähnlich viel zum Ergebnis beitragen kann.


    Das Grundproblem in den meisten Kampagnen ist nämlich, dass sie zu vielfältig sind, als dass numerische Balance, wie sie etwa bei einem Dungeon-Crawler-Brettspiel machbar wäre, wirklich unabhändgig von einem "Referenzabenteuer" möglich ist.

    Weil wie bewertet man, ohne Kontext, ein +3 Schwert im Vergleich zu einem gemaxten Diplomacy Wert im Vergleich zu einem "Move Earth" Spell im Vergleich zur angeborenen Fähigkeit, magische Strömungen wahrzunehmen?

    Dazu muss man vorher die Anzahl vermeidbarer und unvermeidbarer Kämpfe, die möglichen sozialen Interaktionen und deren Auswrikungen, die Umgebung (für Move Earth) und die Wichtigkeit von magischer Analyse für die Handlung irgendwie festlegen, ansonsten ist auch nur eine grobe Bewertung dieser sehr unterschiedlichen Fähigkeiten einfach nicht möglich.


    Das ist z.B. ein Grund warum D&D4, wie ich finde, mit Abstand die beste Spielbalance aller D&Ds hat: Weil die im Wesentlichen ein reines Dungeon-Crawler-Brettspiel gebaut haben, mit einem ausreichend knappen Set an Regeln und mechanischen Effekten, dass die zueinander rein mathematisch halbwegs balancierbar sind. Und Nicht-Kampf-Zeug hat in der Balance (und den Regeln) eine sehr geringe Rolle für ein Rollenspiel, weil es auch definitiv so vorgesehen ist, dass fast alles wichtige in einem Standard-Abenteuer durch taktischen Kampf entschieden wird. Und die paar Skills, die es darüber hinaus gibt, sind auch vorhersehbare Modifikatoren (einfach +5 Bonus), und gleichzeitig ausreichend wenig und hinreichend auf Standard-Abenteuer gemünzt, dass man ihre Auswirkung abschätzen kann. Ditto Nicht-Kampf-Zauber.

    Dass es aus den gleichen Gründen kein gutes D&D und kein besonderes Rollenspiel im Allgemeinen ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

    -> Ist es wünschenswert, dass ein System gute Balance hat?

    Ja.


    Wenn alle Spieler, wie in meiner Definition, mit ihrem Charakter was sinnvolles und entscheidendes zum Abenteuer beitragen können, sind alle Spieler zufrieden (außer ohnehin problematischen Spotlight Hogs, oder teilweise einem "I just want to hang out with you guys"-Spieler). Und das ist am Spieltisch eines der wichtigsten Ziele.


    Wenn ein Charakter für den Party-Erfolg nie relevant ist, wird der Spieler mit der Kampagne in den meisten Fällen bald frustriert sein, und das sollte man auf jeden Fall vermeiden.

    -> Wenn ja: Wie erkennt man gute Balance?

    In meiner Balancedefinition: Wenn alle Spieler im Spiel ihre "Hurra, ich habe was großes geleistet"-Momente haben, es bei allen Spielern Würfe gibt, wo alle am Tisch gespannt auf das Würfelergebnis harren und alle im Nachhinein Dinge erzählen wie "mein Charakter hat dieses richtig geile Dinge gemacht"

    -> Inwiefern kann man im P&P überhaupt von Balance reden so wie in kompetitiven Spielen?

    Siehe oben.

    Andreas Melhorn unterscheidet in seinem (meiner Meinung nach sehr empfehlenswerten) Buch "Abenteuer gestalten" zwischen "Combat as Sport" und "Combat as War"

    Ich sehe da in meiner Balance-Definition keinen allzu großen Unterschied: "Combat as War", was ich derzeit vor allem als SL bevorzugen würde, beeinflusst zwar, welche Kämpfe ausgefochten und welche vermieden werden (was dann eben wieder nicht-Kampf-Fähigkeiten und einfach guten Spieler-Ideen ihre Chance gibt, im Gesamtkontext des Abenteuers zu glänzen), aber die Balance von Kampffähigkeiten untereinander wird davon eigentlich wenig berührt.

    Weil selbst wenn man weniger starke, immer verfügbare Manöver gegen starke, begrenzt verfügbare balanciert, hat das sowohl in "Combat as Sport" (wo man dann die Anzahl an Minion- und Boss-Kämpfen und die Begrenzung an Macht-Fähigkeiten-Rückgewinnungsmöglichkeiten eben entsprechend gestaltet, dass alle Fähigkeiten gebraucht werden) als auch im "Combat as War" (wo die Spieler Situationen generell vermeiden werden, wo sie ihre begrenzten Super-Fähigkeiten brauchen, aber wenn sie so eine Situation mal nicht vermeiden können, werden ihnen diese Fähigkeiten oft den Arsch retten) seine angemessenen Auswirkungen aufs Spielergebnis. "Combat as War" ist hier natürlich weniger planbar, aber eine seltenere Nützlichkeit der Super-Fähigkeiten wird da dann durch ein "Ohne das wären wir jetzt wirklich im A**** gewesen" ausgeglichen.

    -> Ist es gut oder schlecht, wenn unterschiedliche Spieler sehr unterschiedlich effektive Charaktere haben, weil sie ihre EP unterschiedlich verteilt haben?

    In der üblichen Kampagne, wie ich geschrieben habe, nein.

    In einer explizit narrativen Kampagne kann das anders sein. Da kann man z.B. bewußt eine "Mentor-und-Schüler"-Beziehung haben, wo der Mentor-SC deutlich stärker ist als der Schüler-SC, weil man eher an der Beziehung und dem aus der Ungleichheit entstehenden Spannungsfeld interessiert ist als daran, wer mechanisch während dem Spiel die Erfolge einfährt.

    Ebenso kann es in einer stark simulationistischen Kampagne weniger wichtig sein, weil es nun mal der Welt-Simulation dienlich ist, wenn der Ritter einfach mehr kann (Kampftraining, Vermögen, sozialer Einfluss) als der Bauer.

    Da stehen dann aber andere Dinge im Vordergrund als das, was ich als Basis meiner Balance-Definition verwendet habe, wodurch die sowieso nicht mehr anwendbar wird. Und ich denke, die meisten Spielrunden werden Narrativismus und Simulationismus, abseits von extra darauf ausgelegten One-Shots, nicht in einer derart extremen Form betreiben. Die würden sich in "moderat" narrativistischen und/oder simulationistischen Runden dann immer noch erwarten, dass alle SCs halbwegs gleichmäßig ihre Glanzmomente bekommen; mangelnde mechanische Balancierbarkeit müsste hier dann wohl durch mehr SL-Railroading ausgeglichen werden, damit der Bauer zumindest hin und wieder seine Einsatzmöglichkeiten bekommt, die ihm der Ritter nicht einfach abnehmen und besser machen kann (etwa, indem Situationen eingebaut werden, in denen der Ritter durch seinen Ehrenkodex oder soziale Verpflichtungen behindert wird, oder wo wichtige NSCs ihm aufgrund seines Stands misstrauen würden).

    -> Ist es gut oder schlecht, wenn manche Spieler overpowerte magische Schwerter kriegen und andere kriegen nix vergleichbares?

    Kann beides sein.

    Wenn ein Spieler mit seinem OP-Artefakt alle Spielsituationen alleine lösen kann, ist das natürlich schlecht.

    Andererseits kann man als SL auch gezielt OP-Zeug vergeben, um die Einflussmöglichkeiten der Charaktere wieder auszugleichen. Besonders, wenn das Regelsystem beschränkt, wer was verwenden kann.

    Wenn z.B. Äxte und Schwerter völlig getrennt gesteigert werden, und der Axt-Spezialist bisher ein deutlich besserer Kämpfer war als der Schwertkämpfer (eventuell wegen ausgewürfelter Charaktere oder besserem min-maxing), könnte das OP-Schwert das Verhältnis ausgleichen oder umdrehen, weil es für den Axt-Kämpfer relativ nutzlos ist, weil er damit durch geringen Skill trotz OP weniger trifft als mit seiner Axt. Und damit könnte dann der bereits langsam frustriert werdende Schwertkämpfer-Spieler wieder seine Glanzmomente bekommen. In diesem Fall würde ich den Spielern explizit sagen, warum ich das mache, damit dann hoffentlich nicht umgekehrt der Axtkämpfer allzu frustriert ist ("da mixmaxe ich wie verrückt und dann das...")

    Außerdem kann man in levelbasierten Systemen darauf vertrauen, dass das magische Item, das jetzt OP ist, nach einer Weile wieder ein Standard-Item wird.

    Man kann es auch wie das Cypher-System machen und ganz bewußt Gegenstände vergeben, die inheränte Charakterfähigkeiten deklassieren, diese Gegenstände dann aber mit begrenzter Nutzbarkeit ausstatten. Dann kann der Besitzer halt mal in einer brenzligen Situation die Gruppe damit retten (oder einfach nur einen furchtbar lustigen Gag produzieren), ohne dass das OP-Item auf die Kampagne langfristig nennenswerten Einfluss hat. Außerdem bekommen dort alle regelmäßig OP-Item-Ersatz und können Items nicht horten, so dass eben wieder jeder seine Glanzmomente bekommen kann und zum Einsatz dieser tollen Items, auch wenn man es später vielleicht noch brauchen könnte, animiert wird.

    In C&C habe ich z.B. auch explizit Glückswürfe dazu, mächtigere (und zum Charakter passende) Items zu finden. Das ist bei mir Teil der Balance der Charisma-Ability. Ein Kämpfer, der viel Cha aber weniger, sagen wir, Dex hat, wird zwar seinem Kollegen anfangs unterlegen sein, dafür findet er vermutlich irgendwann geiles Zeug, mit dem er dann glänzen kann, zumindest für eine Zeit (und weil Cha auch beeinflusst, wieviel magische Gegenstände ein Charakter an sich binden kann, wird auch die Situation abgeschwächt: "Gib die neue geile Waffe, die du gefunden hast, doch dem anderen, bessern Kämpfer, bei dem bringt sie mehr").

    Ich bin auch jemand, der gerne interessante und etwas ungewöhnliche Twists in seinen Settings einbaut (war ja auch wesentlicher Bestandteil meiner Worldbuilding-Vorträge), aber ein Punkt geht mir oben ab:

    Wie wirkt sich eine Besonderheit im Spiel und in den Abenteuern aus?

    Das ist, denke ich, eine ganz zentrale Frage, weil eigentlich baut man ein Rollenspielsetting ja, um interessante Abenteuer zu bieten (meistens; wenn man rein am eigenen Worldbuilding Spaß hat gilt mein Punkt natürlich nicht). Und irgendwelche Besonderheiten mit relativ wenig Relevanz fürs tatsächliche Spiel können dann vergebene Liebesmüh oder sogar kontraproduktiv sein:

    • Möglicherweise fällt es den Spielern nicht mal groß auf, dann hat man Zeit und Hirnschmalz investiert, das wo anders produktiver gewesen wäre. Und möglicherweise ist man frustriert, weil man das Gefühl hat, etwas wirklich tolles ausgearbeitet zu haben und die Spieler achten nichtmal drauf und behandeln die Welt wie jedes andere "generische" Setting.
    • Im schlimmsten Falle kommt man wegen "Worldbuilder's Disease" nie dazu, wirklich zu spielen, weil man ewig an seinen Settingdetails tüftelt Oder bei all dem Worldbuilding kommt die Abenteuervorbereitung zu kurz (Zeit ist begrenzt...).
    • Tendenz zu langen und für die Spieler oft mühsamen statt interessanten Info-Dumps, weil um den aktuellen Ort zu verstehen, muss man dieses und jenes wissen, das dann natürlich diese weiteren Implikationen hat etc... Besonders, wenn die SCs das logischerweise wissen sollten (ihre Heimatregion statt etwas, wo sie neu hinkommen und von dem sie wenig wissen - in letzterem Falle lässt sich die graduelle Erfahrung oft besser ins Spiel integrieren)
    • Wenn es auffällt und Interesse bei den Spielern generiert, ist das natürlich zuerst einmal toll. Andererseits kann es auch dazu führen, dass die Spieler von der eigentlichen Handlung abgelenkt werden. Spieler tendieren bekanntlich dazu, sich in irgendwelche Nebensächlichkeiten zu verbeissen und das für den Kern der Handlung zu halten. Je herausstechender eine Welteigenheit, desto größer die Tendenz, dass die Spieler sich mehr darauf konzentrieren als auf die geplante Handlung. Das kann natürlich ein Vorteil sein und den Spielspaß insgesamt steigern (vor allem, wenn der SL gut improvisieren kann), ist aber ein etwas unsicherer Faktor.
    • Möglicherweise hat das ganze im Spiel dann auch Konsequenzen, die der SL nicht bedacht hat. Die Spieler kommen auf irgendeine Idee, das ganze auszunutzen, um viel geplantes auszuhebeln, Macht zu lukrieren etc. Kann in einer Sandbox gut sein, aber in einem eher Plot-fokussierten Spiel alles kaputt machen, etwa wenn man den großen Widersacher trivialisiert.
    • Eventuell können Settingdetails auch mit den Regeln in Konflikt kommen. Nicht nur als logische Widersprüche (wie oben erwähnt diese Beacon-Geschichte in einem Setting, wo man Sachen wie Speak with Dead, Plane Shift in die göttlichen Domänen, Ressurrection etc. hat) sondern auch mit dem Spielstil, auf den die Regeln gemünzt sind. Ist es ein Dungeon Crawler, fördert eine konsistente und realistische Welt (Ökonomie, Geologie, Gesellschaftsordnungen) natürlich Frage: Warum gibt es überhaupt Dungeons in der klassischen (eher suspension-of-disbelief fordernden) Form? Benutzt man ein kampffokussiertes System und Spiel, kommen die Taktiker, die sich auf eben diesen Fokus gefreut haben, wohl nicht zum Zug, wenn einige Spieler plötzlich aufgrund des interessanten Hintergrunds politische Intrigen, religiös-philosophische Schismen oder ähnliches ins Zentrum des Spiels stellen wollen; und der SL hat für dieses soziale Spiel dann vermutlich ein Regelsystem, das diese Dinge eigentlich nicht wirklich unterstützt.


    Also frage ich mich beim Worldbuilding auch immer: Welche erwartbaren Auswirkungen hat eine Besonderheit aufs Spiel und auf die Abenteuer.

    Und im allgemeinen finde ich es da besser, nur wenige, aber dafür einschneidende Details zu ändern, deren Auswirkungen auf viele Bereiche man dann (so gut es geht) durchdenkt, sowohl Lebensbereiche im Setting als auch auf die geplanten Abenteuer. Das wirkt dann auch auf längere Sicht meist konsistenter und immersiver als wenn man jeder Örtlichkeit halt relativ unabhängig voneinander ein definierendes Feature gibt, wo man sich beim genauen Hinsehen oft fragt: Wie passt das zu all den anderen Gesellschaften, etablierten magischen Regeln etc.

    Natürlich kann man auch bewusst ein "anything goes" oder "every place is different" Setting bauen, wo das dann wieder passt, aber ist halt nicht so meines.


    Beispiel einer Welt, die ich für meine aktuelle Eigenbau-System-Bastelei erdacht habe: Der Planet umkreist in geringem Abstand einen roten Zwerg (ein Sonnentyp), der noch dazu ein Flackerstern ist. Der Planet ist noch dazu rotationsgebunden (es zeigt also immer die selbe Seite zur Sonne). Astronomisch ist das wohl deutlich häufiger als erdähnliche Bedingungen, und theoretisch, wenn auch unwahrscheinlich, könnte es auf so einem Planeten (einem "hot eyeball planet") Leben geben (auf einem "Ring of Life" zwischen ewigen verbrannten Wüsten auf der einen und ewigen Eispanzern auf der anderen Seite).

    Das hat natürlich Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, und auch auf Abenteuer: Es gibt keine Tageszeiten, Jahreszeiten etc. (kein rumschleichen in der Nacht, Kalender funktionieren anders etc.). Geographie und Wetter sind anders (ständige breite Flüsse vom am Rand schmelzenden Eispanzer zur Wüste, dann stetige Winde in die Gegenrichtung, die das verdunstete Wasser zurückbringen; häufige Wirbelstürme). Pflanzenbewuchs ist anders (grün ist weniger optimal zur Absorption des Spektrums, Pflanzen wachsen einseitig weil die Sonne immer in der gleichen Richtung ist). Dazu kommt der Flackerstern, der in seinen stärkeren Perioden (bei mir für etwa 30 Erdenjahre etwa alle 300 Erdenjahre) immer wieder mal den Ring of Life versengt und verstrahlt, womit die meisten Leute Richtung Eispanzer fliehen müssen, was regelmäßige "Resets" der politischen Situation erzeugt, und zurückgelassene und später wieder zu erobende Städte, Ruinen etc. (Abenteuerfutter). Licht und Dunkelheit haben nicht die gleichen Gut-und-Böse Assoziationen wie bei uns, weil beides ebenso oft als rettend wie zerstörerisch erlebt wird.

    Im wesentlichen eine einzelne astrologische Änderung, aber die beeinflusst die meisten Lebensbereiche auf der Welt und auch viele klassische Abenteuer-Funktionen, vom großen (keine dunkle Nacht, nur begrenzt einheitliche Aktivitätszyklen der Bewohner, zurückgelassene Ruinen und Artefakte bei gleichzeitig massiv reduzierter Bevölkerungszahl und Möglichkeiten zur politischen Neugestaltung nach einer Periode erhöhter Sternenaktivität, Abenteurer als respektierte Speerspitze der Landrückgewinnung, relativ kurze Distanzen von einer Klimazone zur nächsten) bis ins kleine und eher zum Hintergrund gehörende (Kalender, Licht gegen Dunkelheit, Tagesgestaltung, besondere Bedeutung langlebigerer Rassen wegen Erinnerungen an Lebensführung vor einer "Zeit des Brennens", grob parallele, breite, inseldurchsetzte Flüsse/Augebiete als natürliche Grenzen, keine klassischen Ozeane/Kontinente).


    Anderes Detail aus der gleichen Welt, das sich auf die Gesellschaft auswirkt, hier aus dem Regelsystem kommend: Alle Charaktere, sowohl SCs als auch NSCs, haben gleich viele Ability Points zu verteilen (selbst bei der optionalen Zufalls-Erschaffung); Tiere ein paar mehr, einige Charakteroptionen von 2 Rassen bringen oder kosten welche, aber im Prinzip sind alle Leute insgesamt ähnlich kompetent. Das könnte man jetzt als reines Regeldetail settingmäßig ignorieren, habe ich aber nicht: Die Leute auf der Welt haben das durchaus mitgekriegt und sehen es als Bestandteil der göttlichen Ordnung und Fairness, dass jeder irgendwo Talente hat, wenn auch unterschiedliche. Es gibt also keine inheränt insgesamt "besseren" und "schlechteren" Leute nach genetischen Zufall, was natürlich gesellschaftliche Konsequenzen hat. Ebenso sind Klassen grob bekannt, also dass jeder, der ein bisschen Lebenserfahrung, Talent oder Ausbildung hat, eben in einigen Lebensbereichen (Ability Scores und Skills sind weitgehend unabhängig) bestimmte Muster aufweist, in dem, was er besonderes kann - und dass ein Magier nicht "besonderer" ist als ein Kämpfer oder Anführer, nur halt anders. Auch hier kommt wieder der allgemeine Glaube an eine starke, ordnende höhere Kraft ins Spiel.


    Das ist natürlich auch wieder alles nur eine persönliche Präferenz. Aber welcher Bereich im Rollenspiel ist das nicht?

    1. Möchte nach allzu viel erfolgreichen Helden-Erfolgen die kosmische Balance wieder herstellen.
    2. Möchte, dass die Eltern (Barbaren-Kriegsherren, Dämonenbeschwörer?) stolz auf ihn/sie sein können.
    3. Will die ungerechte Verteilung von Luxus/fruchtbaren Länderein/... durch den Zufall der Geburt ausgleichen. Und wenn die anderen ihren Reichtum (und ihr Leben) nicht verteidigen können, haben sie ihn auch nicht verdient.
    4. Muss diesen verweichlichten Zivilisations-Müttersöhnchen die Schwäche ihrer Gesellschaft demonstrieren.
    5. Hat gesehen, was diese überlevelten "Helden" anstellen, wenn sie keine Bösewichte mehr zu bekämpfen haben, und wollte die Gesellschaft vor deren Fadheit, Fanatismus etc. beschützen, indem er/sie den Helden ein neues Ziel gibt.
    6. Die Eltern wollten, dass er/sie Anwalt wird, aber das war dann doch zu unmoralisch...
    7. War in der Rezession lange arbeitslos, und BBEG war dann die einzige offene Stelle...
    8. Kind von Paladin-Eltern in (spät?)pubertärer Phase des unbedingt-anders-sein-wollens.
    9. Gute Mädchen/Buben kommen in den Himmel, böse überall hin.
    10. Get R/Lich or (un)die trying.
    11. Wurde druidisch erzogen und diese Städter fällen Bäume! Sie fällen Bäume!
    12. Weil er/sie Ork/Gnoll/... ist, haben die selbsternannten "Guten" ihm/ihr trotz aller Bemühungen nie eine Chance gegeben. Gut, sollen sie halt ihre Vorurteile bekommen, wenn sie sie unbedingt wollen...
    1. Hat eine Wette abgeschlossen, dass es nicht möglich ist, die ganze Welt zu unterjochen, und versucht jetzt genau das, um zu beweisen, dass es eben nicht geht (weil wenn er/sie es nicht schafft, schafft es keiner; und ohne bestmöglichen Versuch wäre die Wette nichts wert).
    2. Eine Prophezeihung spricht von einer drohenden Riesen-Katastrophe, und der BBEG ist überzeugt, die nur abwenden zu können, wenn er zuvor unglaublich viel Macht auf sich vereint, auch wenn dabei ein paar (hunderttausend) Unschuldige auf der Strecke bleiben für das Größere Gute!
    3. Wurde wegen einem dummen Zufall oder Missverständnis von offiziell sanktionierter Stelle gejagt, hat um seiner Freiheit willen die Jäger erledigt (und dafür ein paar Deals gemacht), worauf mehr Jäger auf ihn angesetzt wurden, die er um seiner Freiheit willen erledigen musste (mit mehr Deals), worauf...
    4. Hat eine romantische Schwäche für Untote, Lycantrophen oder was auch immer, und sich geschworen, diese mit allen Mitteln vor den Übergriffen blind-fanatischer Paladine etc. zu schützen.
    5. Als Kind hat ihm/ihr jemand prophezeiht, er/sie würde entweder ein BBEG werden, über den noch in Jahrhunderten Schauergeschichten erzählt werden, oder völlig unbekannt aber nach einem langem, glücklichem Leben sterben. Und wer will schon unbekannt sterben?
    6. Hat eine schwere Allergie gegen positive Energie. Und die Priester in seiner Heimat waren selbst schuld, wenn sie ihn/sie dauernd segnen wollten...
    7. Seine/Ihre Eltern haben die Seele ihres erstgeborenen Kindes einem mächtigen Dämon versprochen als Austausch für irgendwas. Will eigentlich nicht böse sein, aber kann nicht anders, weil der Dämon ihn/sie kontrollieren kann.
    8. Hat ja viele andere Dinge probiert, aber hatte einfach für nichts anderes Talent. Und einfach Spaß daran, endlich etwas gefunden zu haben, worin er/sie wirklich gut ist.
    9. Hat seine Heimat als RevolutionsführerIn von verkommenen Adeligen befreit, die ihn/sie, Familie, Freunde etc. missbraucht haben. Dummerweise sahen das die Adeligen in den Nachbarreichen als Bedrohung, die mit Gewalt die alte, göttergewollte Ordnung wiederherstellen wollten, weshalb er/sie im totalen Krieg gegen alle Nachbarn gelandet ist, den er/sie nur durch absolute Ruchlosigkeit hoffen kann/konnte zu gewinnen für die Freiheit des Volkes.
    10. Seien wir ehrlich, die Outfits der Bösewichte sind einfach um Welten cooler! Kommt auf die stylische Seite der Macht (auch wenn dafür ein paar Jungfrauen geopfert werden müssen)!

    Vorlesetexte haben ihre Berechtigung für neue Spielleiter, erfahrene Spielleiter machen es wohl meist so, wie du sagst: Als Inspiration nehmen aber selbstständig erzählen. Kommt auch viel besser (vor allem persönlich am Spieltisch) als irgendwas vorzulesen.


    Ich hab zwar praktisch nie vorgefertigte Abenteuer gemeistert, aber wenn, les ich auch nie direkt was vor. Wobei, die vorgefertigten Sachen, die ich geleitet habe, hatten glaub ich alle kaum bis keine Vorlesetexte mehr, und waren auch sonst oft mehr "Framework" (teils so betitelt) als klassische Anleitung. Also eher: "Das ist die Situation" als "Wenn die Spieler A machen, sag ihnen B".

    Finde ich persönlich auch viel intelligenter, ein vorgefertigtes Abenteuer so aufzubauen, weil selbst wenn das Abenteuer die Abzweigungen A, B und C vorsieht, machen die Spieler wahrscheinlich D. Oder Z. :) Also ist eine ausreichend umfassend und klar geschilderte Situation, innerhalb der es sich dann leicht improvisieren lässt, meist nützlicher als eine Liste aus möglichen Vorgehensweisen und Resultaten, und eben aus Vorlesetexten, die dann oft erst recht nicht richtig zur aktuellen Spielsituation passen.

    Eigentlich waren ja die ersten Abenteuer auch großteils als Situationsbeschreibungen aufgebaut. Wobei die "Situation" zum größten Teil halt aus einem Dungeon bestand. Der natürlich den Vorteil hat, dass die Optionen der Spieler an den meisten Stellen physisch bedingt tatsächlich eher beschränkt und vorhersehbar sind, zumindest wenn die Monster ausreichend feindlich und nicht verhandlungsbereit oder -fähig sind und die Spieler nicht über wirklich mächtige Magie verfügen.

    Ich sehe vorgefertigte Abenteuer eher als Inspirationshilfen. Ich habe noch nicht oft welche geleitet, aber ich habe doch einige gelesen, einfach, um Ideen zu sammeln, Hinweise zur Handhabung mir weniger geläufiger Genres oder Spielstile zu bekommen oder auch einfach andere Sichtweisen auf bekannte Genres zu sehen. Und manche Ideen sind ja doch recht gut und verwertbar, selbst wenn das Gesamt-Abenteuer vielleicht weniger zum eigenen Stil, der aktuellen Gruppe, dem aktuellen Regel-System etc. passt.


    Insofern bevorzuge ich eigentlich den Ansatz von "Adventure Frameworks", wie ich ihn in letzter Zeit besonders bei OSR (Old School Renaissance, also Spilstil und oft Systeme a la frühem D&D) öfter gesehen habe, gegenüber klassischen vorgefertigten Abenteuern. Die haben weniger den Stil einer "Anleitung", der man beim spielen folgen soll, sondern sind eher lose gehalten: Oft mehrere mögliche Plot-Hooks, eine grundlegende Beschreibung vom Abenteuerhintergrund (Geschichte eines Artefaktes, Plan eines Bösewichts, Motive eines möglichen Auftraggebers etc.) und dann halt knappe aber aussagekräftige Beschreibungen wichtiger NSCs und einzelner Szenen, Orte, Zufallstabellen-Einträge etc. Ohne Vorlesetexte, weil sie davon ausgehen, dass vorlesen selbst bei wirklich gutem Schreibstil am Spieltisch schlechter funktioniert als wenn der SL in seinen eigenen Worten die Umgebung schildert (und er kann sich ja immer an den Stimmungs-Hinweisen und dabei verwendeten Wörtern oder Sätzen der einzelnen Einträge bedienen).

    Das entspringt wohl auch dem generellen Prinzip der meisten OSR-Systeme von "rulings, not rules" - also nur sehr wenige handfeste Mechaniken und sehr viel Freiraum des SLs, Dinge so zu handhaben, wie er es für eine Szene gemessen an der aktuellen situation am Spieltisch für richtig empfindet, zur Not auch mal anders als in der Szene zuvor etc.

    Es sollen also dem SL die "Basics" zum Leiten eines Abenteuers in die Hand gegeben werden, ohne, dass er selbst zu viel überlegen und vorbereiten muss (Gegnerwerte, Karten etc.).

    Gegenüber klassischen vorgefertigten Abenteuern mit Vorlesetexten, relativ fix eingeplanten Pfaden, die die SCs beschreiten sollen, usw. , was dann am Spieltisch oft eh nicht so wirklich funktioniert, hat es halt meiner Ansicht nach den Vorteil, den ganzen "funktioniert vermutlich eh nicht richtig"-Teil gleich wegzulassen und sich auf die mit höherer Wahrscheinlichkeit verwertbaren Sachen zu konzentrieren. Also in meinem Falle quasi das, was ich mit vorgefertigten Abenteuern oft sowieso mache (wenn sie wirklich gut funktionieren sollen, eher rigides Runterspielen hat bei meinen ganz wenigen Versuchen eh nie wirklich gut geklappt), nur schneller zu lesen und nachzuschlagen.