Virtual Table Top: Corona Kriesenretter oder doch nur teurer Schnickschnack?

  • Nachdem Frostrübe im einschlafendes-Forum-Thread diese Frage gestellt hat, mach ich mal einen eigenen Thread dafür.


    Meine Antwort:

    Ich hab erst einmal mit einem klassischen Virtual Tabletop gespielt, eine Chypher Shorts Runde unter anlumo. Der hat auch privat den Foundry VTT gehostet, auf dem wir gespielt haben. Außerdem hat selbiger auch ein eigenes kleines VTT-Programm zur Abwecklung eines bestimmten Mini-RPGs ("To the Temple of Doom" oder so ähnlich) geschrieben, da habe ich auch einmal mitgespielt (war noch ind er Testphase des Prgramms).

    Bei Cypher habe ich keinen besonderen Mehrwert feststellen können gegenüber den Spielen über Discord, die ich jetzt während der Pandemie immer abgehalten habe. Private Nachrichten oder GM-Unterhaltungen waren dort auch kein Problem, Bilder kann man auch posten wenn nötig, und wenn man mal wirklich einen selbstgezeichneten Dungeon-Plan herzeigen will, den man während der Erforschung aufdeckt (oder was ähnliches), geht das auch einfach mittels eines Graphikprogramms mit Layers und ScreenShare.

    BattleMap-Kämpfe mache ich normalerweise keine, aber falls doch, würde ich wohl einfach den Shared Mode von DungeonFog verwenden.

    Online Character Sheets etc. sind vermutlich nett, aber die Systeme, die ich spiele, sind normalerweise nicht so komplex, dass die (oder damit verbundene eingebaute Würfel-Convenience) es wirklich wert wären. Ich vertraue auch darauf, dass die Spieler ihre Charaktere halbwegs kennen und verwalten können, und wenn jemand lieber offline würfelt als per Forenbot, habe ich als GM auch nichts dagegen, soweit vertrau ich den Spielern.


    Ich bin aber auch jemand, der generell eine Abneigung dagegen hat, auf hunderttausend Seiten irgendwelche Accounts anzulegen. Also damit ich mich für einen VTT wirklich anmelde, müsste ich mir schon einen entscheidenden Mehrwert davon versprechen. Diesbezüglich wäre mir wohl Foundry am sympathischsten weil privat hostbar. Aber der ist damit halt auch mit Abstand am komplexesten zu verwalten (schätze ich mal). Aber das ist halt eine persönliche Marotte.

  • Nachtrag: Für manche komplextere Systeme kann ich mir schon vorstellen, dass zusätzliche Tools die Sache online stark vereinfachen. Für so etwas wie ein Tick-basiertes Kampfsystem z.B. Aber im Falle unserers GURPS-Tick-Tests (falls er denn je zustande kommt), hat einfach Goofy ein kleines Ticksystem-Tool geschrieben, das sollte den Job auch tun (und wäre natürlich auch erweiterbar) und ohne VTT auskommen.

    Und bei dem selbstgebauten "Temple of Doom" Programm hat sich selbiges schon sehr ausgezahlt, weil das System darauf beruht, dass man relativ viele Infos am Spieltisch auf Post-its (normalerweise halt) niederschreibt und rumschiebt. Vermutlich ginge sowas auch über einen VTT- aber hier war ein spezifisches, spezialisiertes Programm sicher besser.

    Aber im Grunde gibt es so viele Systeme, dass ich mir im Zweifelsfall lieber eines aussuche, dass ich über Discord leicht abwickeln kann, als dass ich anfangen würde, mich mit VTTs zu beschäftigen.

  • Persönliche Meinung von mir: Ja, wenn das System natürlich relativ einfach ist, und sich auch mit den normalen Discord-Funktionalitäten leicht abwickeln lässt, gibt es natürlich nicht viel Grund für VTT.

    ...Es sind halt nicht alle Systeme so einfach, und bei komplexeren Systemen kann so ein Ding halt potentiell schon einiges extrem vereinfachen. Und ich bin halt auch tendentiell nicht der größte Fan von extrem einfachen Systemen.

  • Größter Grund für VTT: Ein Ort, an dem alles vorbereitet werden kann, und zwar in einer Form wie ich es dann auch im Spiel brauch.

    Jede Map hat ihre Mauern, Türen, Fenster, Soundeffekte für die Stimmung, Playlist für die Hintergrundmusik. Monster und Fallen sind auch gleich dabei, und ich weiß dass, wenn ich Anfang mit meinen Spielern zu spielen, kann mir nix mehr passieren. Es geht einfach.

    Auf der Hauptkarte kann man einfach mit der Maus draufzeigen und man weiß wo der Ort ist und mit einem doppelklick kommt man hin. Kein lästiges herumgesuche oder nach 10 Minuten draufgekomme das man dummerweise genau DIE EINE Karte nicht dabei hat.

    Es kann keiner seinen Charakterzettel vergessen, ist automatisch gespeichert. Regelbücher werden zum Spielen nicht benötigt, weil ich alles zur Verfügung stelle. All die nervigen kleinen Sachen sind wegautomatisiert, die sonst nur aufhalten.

    Alle Karten, die ich nicht verwendet habe, bleiben erhalten und sind jederzeit bereit verwendet zu werden. Weiß nicht, wann ich das letzte Mal einen NPC erstellen musste, habe ich noch alles in Hülle und Fülle.


    Meine Abenteuer sind 120% Situationsabhängig aber durch ein VTT kann ich trotzdem alle Materialien zur Hand haben und meine Spieler sind wesentlich involvierter und bei der Sache, weil ich halt eben nicht 30 Minuten pro Runde an Karten zeichne oder irgendwelche Regeln erklären muss.

    Was halt bei Online-Games und bei VTTs gar nicht geht ist völlig unvorbereitet sein und dann glauben die Tools wissen magisch was ma haben möcht. Da muss man sich halt auch damit beschäftigen.

    "Thunder rolled. It got a 6." — Guards, Guards by Sir Terry Pratchett

  • Ich verwende VTTs (also speziell Foundry) eigentlich nur für die Character Sheets, weil alle Spiele dich ich je leite eigentlich nur das plus Würfel brauchen, und zweiteres kann man in Discord auch problemlos umsetzen.

    (Ist natürlich absurd wenn man bedenkt, dass mein Hauptberuf es ist, einen Battlemap-Editor zu entwickeln. Ich verwende selber eigentlich nie Battlemaps, höchstens Übersichtspläne.)

    Deswegen habe ich angefangen, spezielle Webapplikationen zu entwickeln, die diese beiden Aufgaben übernehmen, wie zB das bereits erwähnte To the Temple of Doom!. Wesentlich einfacher als ein voller VTT, und macht alles was ich brauche. Ist halt viel mehr Arbeit, zB die gerade erwähnte Applikation war eine volle Woche Arbeit, und funktioniert für genau ein System.

  • Jetzt poste ich auch endlich mal was zu dem Thema das ich angeregt habe ^^

    Sicherlich sind VTT‘s nicht für jede Runde eine Hilfe wer sich Alles selbst ausdenkt und erfahrene Spieler hat der kommt auch nur mit Discord aus. Ich habe bis jetzt nur vorgefertigte Abenteuer geleitet und da finde ich es eigentlich oft schade diese teilweise recht detaillierten Karten meinen Spielern vor zu enthalten. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht das gerade neue Spieler die noch keine Rollenspiel-Erfahrungen haben eher mit der Umgebung interagieren, Deckung benutzen, usw. als ohne Map. Gerade bei größeren Gruppen ist es auch deutlich leichter den Überblick zu behalten.

    und wie ka_jan schon sagt es ist alles da wo man es braucht einfach und automatisch ohne blättern.

    Vorbereitungszeit ist allerdings schon wenn man sich die Mühe macht Wände, Beleuchtung, Musik und all das Zeug richtig ein zu stellen.

  • Stimmt schon, letztendlich ist alles eine Frage des Meisterstils und der verwendeten Abenteuer. Da kann es schon sehr gute Argumente dafür geben, VTTs zu verwenden.


    Ich persönlich verwende halt all das nicht (oder nur sehr selten), was von VTTs profitieren würde. Kampfkarten (hab ich eigentlich nur in einer Privatkampagne nennenswert genutzt, und die war D&D4, was es fast erfordert), vorgefertigte Abenteuer (ich kann an den Händen abzählen, wie viele ich in über 20 Jahren als GM geleitet habe, und 2 davon hab ich selber geschrieben...), Bilder (ich bin ein wenig visueller Typ und eine Beschreibung ist mir meist lieber als lange halbwegs passende Bilder zu suchen), Musik (momentan fällt mir nur ein Abenteuer ein, wo ich welche genutzt hätte), oder auch einfach nur große Vorbereitung.

    Ich hab teilweise ganze Kampagnen von einem halben Jahr und mehr mit nur einer handvoll Notizen geleitet (und in die dann nicht oft reingeschaut; primär waren die da, um Namen von Personen, Orten etc. nicht zu vergessen/durcheinander zu bringen). In anderen (wie einer aktuellen, aber die ist auch Systemtest) mach ich schon deutlich mehr, vor allem NSC und Monster Stat-Blocks, aber da organisier ich mir das halt so, wie es für mich dann intuitiv zu benutzen ist, und nicht so, wie es ein Programm vorsieht (obwohl das sicher auch intuitiv genug wäre nach kurzer Eingewöhnung).


    Ich bin da halt sehr starker Kopfkinoist (wahrscheinlich nicht wirklich ein Wort aber trifft es ganz gut): Je mehr auf erzählerischer Ebene passiert und je weniger physisch vorhanden ist, desto lieber ist es mir meistens, vor allem, wenn ich leite. Ein paar einfache Character Sheets und Würfel, eine kurze Notiz mit den relevanten Namen, mehr muss am Spieltisch nicht sein und wäre eher Ablenkung oder Verlangsamung des Spielablaufs (z.B. Kampfkarten - ich setze mehr auf interessante erzählerische Situationen für die Taktik als auf ein komplexes Gelände- oder Positionierungs-Design).


    Vermutlich würden viele Spieler mit meinem Stil nicht besonders glücklich sein. Und das passt ja auch, Geschmäcker sind halt verschieden. Aber solange ich mich nicht über einen Mangel an Mitspielern beklagen kann (was bisher nie groß der Fall war), sehe ich auch wenig Grund, das zu ändern.

    Hin und wieder experimentiere ich wie erwähnt auch mit anderen Stilen (z.B. D&D4 wo ich für jeden Kampf eine Karte vorbereitet hatte oder auch eine Runde mit Musik, wobei das eine kurze Weltenspringer-Geschichte war und bekannte Musikstücke eingeleitet haben, wo man grad gelandet ist), aber irgendwie hat sich da nichts längerfristig festgesetzt, zumindest was Hilfsmittel angeht.

    Mal schauen, vielleicht wäre es wieder mal Zeit für ein Experiment. Andererseits warte ich derzeit mehr darauf, wieder physisch an einem Spieltisch sitzen zu können. Und dann muss ich mir eh was überlegen, weil meine momentanen Aufzeichnungen für die aktuelle Kampagne sind auf Verwaltung am Computer ausgelegt...

    Insofern wäre ein VTT-Experiment für mich eher ein Test für eine Spielumgebung (online), die ich eh lieber als ganze wieder ersetzen würde. Wobei, vielleicht werde ich auch in Zukunft hin und weiter kurze online-Vereinsrunden anbieten, falls es leichter ist, so Leute zusammen zu bekommen.