Nachdem ich derzeit privat nicht groß zum spielleiten komme und das Vereinslokal wieder recht angenehm zu bespielen ist, würde ich gerne gelegentlich zu Vereinsabenden Runden in meinem letzten Eigenbau-System anbieten.
Bei Clichés & Critters handelt es sich, wie dem Namen nach zu vermuten, um ein stark von D&D-inspiriertes System, vom Spielstil eher auf Abenteuer aus den ersten Editionen ausgerichtet. Die Regeln haben sich aber von einem ursprünglichen OSR-Versuch meinerseits (Old School Rennaissance, meist sehr stark an den oD&D oder Basic D&D Originalregeln orientiert) über viele Iterationen zu einem eher modern designten Spiel gewandelt. Einige Grundelemente (die 6 Ability Scores, w20, Klassen und Stufen, viele alteingesessene Zauber) sind zwar noch da, aber die mechanischen Ähnlichkeiten sind oft eher oberflächlich.
Was den Spielstil angeht, bleibt es aber eher old-school: Die Charaktere sind eher durchschnittliche Glücksritter als zum großen Weltretten vorherbestimmte Helden, es gibt eher wenig Schutz vom Spielleiter ("level-gerechte Kämpfe", "die SCs gewinnen grundsätzlich" etc.) und viel hängt davon ab, wie intelligent die Spieler an verschiedene Situationen herangehen. Und natürlich auch teilweise vom Würfelglück. Charaktertod wegen schlechter Würfe ist explizit möglich (auch wenn SCs hier durch die Glücks-/Schicksalsmechanik den allermeisten NSCs was voraushaben und schlechte Würfelergebnisse begrenzt "korrigieren" können - ihr einziger regeltechnischer Vorteil, aber ein gravierender).
Das System geht, wenn man sich an ein paar Eigenheiten gewöhnt hat, auch halbwegs schnell voran. Ich hab beispielsweise einmal an einem Abend 4 kleine und einen großen Kampf geleitet, nebst Dungeon-Erkundung und Strategie-tüfteln der Spieler (im Rahmen einer privaten Test-Kampagne mit bisher 10 Sitzungen; das war aber der kampf-intensivste Abend). Ein bisschen Eingewöhnung würden aber einige der Konzepte schon brauchen.
Grundsätzlich gilt für Charaktere, dass sie eine Eigenmotivation mitbringen sollten, sich aktiv in Gefahrensituationen zu begeben, ohne dabei klassische Söldner zu sein. "Ich mach nur etwas, für das ich mir im Vornherein eine Belohnung ausgehandelt habe" ist hier eher fehl am Platze. Wenn ein Charakter an Reichtum interessiert ist, dann eher in der Form von "Gerüchteweise könnte es in dieser alten Ruine Schätze geben, aber es sollen viele Untote dort sein. Na dann hoffen wir mal, dass dort (im Gegensatz zu den letzten zwei) wirklich ein ordentlicher Schatz liegt...".
Abgesehen von Reichtum kann man natürlich einfach altruistisch sein, auf persönlichen Ruhm aus, Adrenalin-Junkie oder was auch immer. Hauptsache, die Charaktere sind meistens bereit, sich auf Gerüchte hin in halb-selbstmörderische Abenteuer zu schmeissen. Erstens wegen der geplanten Spielumgebung und zweitens, um an einem Abend schneller durchstarten zu können.
Das Regel-Dokument findet sich hier. Einen eher funktionalen als schönen Charakterbogen hier.
Es ist nicht notwendig, sich das vorher anzusehen, aber schaden tut es natürlich auch nicht.
Die wesentlichsten Dinge über "wie wird gewürfelt" und "was gibt es beim Charakterbau" finden sich auf den ersten anderthalb Seiten (die mit dem Inhaltsverzeichnis natürlich nicht mitgerechnet).
Ganz grob, was man beim Charakterbau wissen sollte:
- Ability Scores haben teils leicht andere Auswirkungen als gewohnt. Das dient dazu, dass die Abilities zumindest halbwegs gleichwertig sein sollen, und dass es auch halbwegs was bringt, z.B. bei seinem Kämpfer in Int und Cha zu investieren statt in Str und Dex.
- Es wird alles nach dem gleichen Schema gewürfelt: 1w20 + Ability Score (Durchschnittswert ist 5, nicht 10) + Proficiency modifer + situational modifers. Proficiency modifier ist 3, wenn man im jeweiligen Skill (da fallen auch saves und Waffen drunter) Proficient ist, oder 6, wenn man Expertise hat (die wird extra erworben, nicht einfach mit 2x Proficiency). Höher ist besser, im Normalfall muss man über 20 würfeln, oder über 10 + dem Wert des Gegners.
- Es gibt 8 spielmechanische Rassen, wovon 3 interne Wahlmöglichkeiten bieten/erfordern. Es gibt auch "verwandte" Rassen, die gleich funktionieren. So sind z.B. Halblinge, Gnome und Goblins alle unter Small-Folk zusammengefasst. Neben den Klassikern Mensch, Elf, Zwerg und Halbling (bzw. Small-Folk) gibt es noch Troll, Fable-Folk (verschiedene Humanoid-Tier-Hybriden), Djinn (Humanoide mit starker elementarer Verbindung) und Golem.
- Es gibt 8 Klassen, wobei die sich anders als in D&D nur durch ihre spielmechanischen Auswirkungen unterscheiden, nicht durch ihren repräsentierten Fantasy-Archetyp (Barbarian, Wizard etc.). Die Klassen/Funktionen sind Defender und Slayer (defensiver und offensiver Kämpfer), Expert (viele Fertigkeiten), Leader (soziale Fertigkeiten und Kommandanten- oder Bardenfähigkeiten) und die vier Magier-Klassen: Schwarz (bzw. "Hexer"), Grau ("Zauberer"), Weiß ("Thaumaturg") und Grün ("Animist", also Druide, Schamane etc.). Dabei ist es z.B. egal, ob man seine Weißmagie jetzt aus Büchern gelernt, als Priester durch Kontemplation erbeten, aus einer Blutlinie geerbt oder als Psioniker herbeimeditiert hat, man kann halt einfach weißmagische übernatürliche Effekte auslösen. Genauso könnte ein "Assassine" ein Slayer sein, ein Expert oder auch ein Schwarzmagier. Multiclassing geht auch, ein klassischer D&D Cleric wäre z.B. ein Defender/White Mage in einem Mischverhältnis um 1:2 oder 1:3, ein Paladin das gleiche mit 2:1 oder 3:1.
- Einige typische Klassenfähigkeiten finden sich stattdessen in der Zauberliste, wie Animal Shape oder Turn Undead, oder als Skills (für Alchemy, Enchant Items oder Ritual Magic muss man nicht zaubern können, besonders der Expert ist hier sogar oft etwas schneller vorn dabei als ein Magier).
- Es gibt noch 3 spezielle Charakterbau-Optionen: Veteran (startet auf höherer Stufe, levelt eine Weile langsamer), Wild Magic Talent/Mage-in-training (auf Stufe 1 auch für angehende Multiclassler wie Paladine interessant) und Oberschicht (reiche Familie oder niedrige adelige Abstammung). Kann man verwenden (und kombinieren), muss man aber natürlich nicht.