Konsequenzen statt Hitpoints

  • Ich hab ein Japan-Fantasy-RPG gebastelt mit starken Einschlag Richtung Shounen-Anime. Gerade für so ein System wäre mir eigentlich ein narratives Konsequenzensystem lieber als Lebenspunkte. Ich hab aber selber noch nie was mit so einem System gespielt und daher tu ich mir schwer das umzusetzen. Aber vielleicht habt ja ihr eine Idee! Dafür umreise ich mal kurz das Kampfsystem. Es ist ein Poolsystem in einer Kampfsituation würfeln beide mit ihren Kampfpool gegeneinander und derjenige der mehr Erfolge hat, hat die Runde gewonnen und verursacht Waffenschaden+Erfolge Schaden. Es gibt zwei Arten von Gegner, Hordengegner und Kompetente Gegner. Hordengegner haben einen HP pro Kämpfer und agieren als Gruppe bei einen Angriff gegen eine Horde verursacht jeder Punkt Schaden den Verlust eines Gegners. Da können sich die Spieler also cool finden wenn sie die Gegner gleich im Dutzend vermöbeln. Das Hordensystem darf auch ruhig so bleiben. Aber ich hätte gerne bei kompetenten Gegnern sowas wie Konsequenzen lieber und die Möglichkeit solche Konsequenzen eventuell im Kampf sogar los zu werden. Ich denke da an diese typischen Shounenmomente wenn einer der wichtigen Charaktere völlig zerstört am Boden liegt und eigentlich schon nicht mehr weiter machen kann aber dann passiert etwas wo der Charakter nochmals unbedingt aufstehen muss um einen Freund zu beschützen.
    Gibt's dafür interessante Ideen?

  • In so einem Fall würde ich vl eher zu Tabellen tendieren, auch wenn es am Anfang viel Arbeit sein wird.
    Diese Tabellen könnten verschiedene Konsequenzen umfassen die je nach Anzahl der Erfolge bzw des Schadens unterschiedliche Auswirkungen haben die dann narrativ erklärt werden können, z.B. das ein Treffer aufs Bein dem Charakter für eine bestimmte Anzahl an Runden beeinträchtigt. Als Inspiration könntest du dich vielleicht ein wenig bei den Tabellen von MERS/Rolemaster umsehen.
    Für den Last-Chance Effekt den du nennst könnte man Ebenfalls eine eigene Tabelle machen die ein Zufallsereignis hineinwirft, dass den Charakter wieder motivieren bzw erfrischen könnte oder je nach Situation auch rollenspielerisch umgesetzt werden in dem die Gruppe das einfach ausspielt wie sich die einzelnen Charaktere wieder zamreißen und fokussieren können

  • Konsequenzen haben üblicherweise zwei wesentliche Spieltechnische Funktionen:

    • Effekte von Treffern (oder anderen negativen Einflüssen) werden genauer definiert, damit sie sich in Folge besser in die Erzählung einbauen lassen.
    • Sie erzeugen eine "Todesspirale", weil die genaue Definition der Probleme (im Gegensatz zu abstraktem Hitpoint-Verlust) ja gleichzeitig bedeutet, dass Gegner diese Probleme nun ausnutzen können.


    Das heißt, man muss sich zuerst einmal überlegen, ob man bedes will.


    Falls es einem nur um "nettere Trefferbeschreibungen" geht, kann man die auch ohne Konsequenzen haben, indem man sich als Spielleiter am Riemen reißt und vielleicht zusätzlich eine andere Mechanik einbaut, das genauere Erzählen von Kampfaktionen auch bei den Spielern zu belohnen. Manche Systeme geben z.B. Bonuswürfel, wenn man statt "Ich greife an" sowas sagt wie "Ich möchte ihm mit dem Schild einen Stoß versetzen, um ihn zum taumeln zu bringen, und sobald seine Deckung offen ist, ramme ich ihm das Schwert in den Wanst".
    Gerade bei einem Shounen-System könnte sowas eventuell passender sein als Konsequenzen, weil man vermutlich (besonders bei den Protagonisten) eher "over the top"-Aktions-Beschreibungen als "gritty"-Resultats-Beschreibungen will.


    Falls du trotzdem Konsequenzen einbauen willst, würde ich auf jeden Fall einen Puffer-Mechanismus einführen, um die Death Spiral abzuschwächen, so dass man also nicht beim ersten glücklichen Treffer eines Mooks gleich beginnt, den Abhang ins Tal der Tränen hinunterzurutschen.
    Ich habe dafür im eben geposteten System den Strain, der quasi eine schwächere, abstraktere und schneller zu heilende Art Konsequenz darstellt, die kleinere allgemeine Abzüge mit sich bringt aber nicht so massiv gegen den Betroffenen ausnutzbar ist wie eine Konsequenz (Würfelabzug statt Erfolgsabzug).
    Für eine Shonen-Geschichte wäre aber wohl das FATE-Stress-System noch besser, also dass der Puffer (den Mooks kaum oder gar nicht haben) überhaupt keine Abzüge verursacht und am Ende einer Szene automatisch komplett aufgefrischt wird. Hier ist es dann aufgrund der typischen Mook-Kompetenz stochastisch recht unwahrscheinlich, dass ein Mook bei einem zäheren Charakter so viel Schaden mit einem einzelnen Angriff macht, dass er den Puffer überspringen und direkt Konsequenzen zufügen kann - Bosse können das aber sehr wohl (auch wenn der Puffer die ersten paar Bossangriffe zumindest abmildert).


    Viel konkreter kann ich jetzt nicht werden, ohne viel von deinem System zu wissen. Da es scheinbar Erfolgsbasiert ist, kann man es so wie bei mir machen, dass weniger Erfolge nur den Puffer treffen (falls der noch nicht voll ist), man mit mehr Erfolgen aber direkt Konsequenzen zufügt.



    Was die spontane Erholung angeht:
    Falls es in deinem System sowas wie Beziehungsstats zwischen Charakteren gibt (a la Apocalypse Engine) oder Charakterziele (a la Chronicles of Darkness), könnte man die als Trigger heranziehen, um spontane Erholung zu ermöglichen - oder, falls man die Nachwirkungen der Verletzungen behalten möchte, das temporäre Ignorieren von Beeinträchtigungen zu erlauben.
    Sowas wie: "Ich habe als Charakterziel, meinen Rivalen zu besiegen, also kann ich im Kampf gegen diesen meine schwerste Konsequenz ignorieren." oder "Ich habe Beziehung Feindschaft 3 zu diesem anderen Charakter, der vom Boss gerade verprügelt wird - den darf nur ich killen, also würfel ich jetzt mit diesem 3er-Bonus um Konsequenzen zu ignorieren und den Boss aufzuhalten."

  • Der Übergang zwischen einem "narrativen Konsequenzsystem" und einem normalen Wundsystem wie es auch Savage Worlds hat ist meiner Ansicht nach eher fließend. Nimm Savage Worlds, und ersetze die generischen Wunden durch ein Set an Wundtraits, die jeweils verschiedene mechanische Auswirkungen sowie narrative Beschreibungen haben, und schon hast du ein "narratives Konsequenzsystem".


    In deinem Fall würde ich (je nach gewünschter Schadensmenge, die ein Charakter einstecken können soll) folgendes Festlegen:
    -> Bei einem bis zwei Nettoerfolgen verursachst du einfach oberflächlichen Schaden, der dir keine direkten Abzüge gibt, aber für deinen "Gesamt-Schaden" zählt. Möglicherweise willst du alternativ auch ein Äquivalent zum "Shaken"-Zustand aus SW machen.
    -> Bei drei bis vier Nettoerfolgen verursachst du eine leichte Konsequenz, mit relativ kleinen Abzügen.
    -> Bei fünf bis sechs Nettoerfolgen verursachst du eine mittlere Konsequenz, mit mittleren Abzügen.
    -> Bei sieben bis 8 Nettoerfolgen verursachst du eine schwere Konsequenz, mit schweren Abzügen.
    -> Bei mehr als 8 Nettoerfolgen verursachst du eine kritische Konsequenz, die unter normalen Umständen sofort zur Kampfunfähigkeit führt.


    ...Das kannst du natürlich auch herumskalieren wie du lustig bist, und die überlegen, wie viel "Gesamt-Schaden" man im Normalfall nehmen kann, bevor man KO ist, weil irgendeine Art von "HP-Äquivalent" braucht man meistens trotzdem, sofern man sich nicht darauf verlässt, dass die immer größer werdenden Abzüge einen Gegner irgendwann eh automatisch de facto kampfunfähig machen werden. Um trotz massivem Schaden weiterkämpfen zu können beziehungsweise Konsequenzen temporär zu unterdrücken, musst du halt eine davon unabhängige Regelung finden glaub ich.

  • ka_jan

    Hat das Thema geschlossen